Scherz beiseite!

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Eines der schönsten Gewächse in Gottes Garten, Humor, spielt in der katholischen Kirche keine Rolle. Wie ist das möglich?

2/2024

Foto: United Archives Gmbh / Alamy Stock Foto

Ein Himmelreich für ein Lachen: das mögen schon manche Gläubige gedacht haben, wenn sie Gott zu Diensten waren, wenn sie quälend langen Vorträgen von der Kanzel lauschten, ohne dass ein Funken Freude die Kirchenbank gestreift hätte.

Bei ihm nämlich hört der Spaß auf. Bei Gott. Frömmigkeit und Humor stehen einander beinahe feindlich gegenüber. Dabei wäre das Lachen befreiend, würde Gläubigen eine Pause von Ehrfurcht und Demut verschaffen, von Angst und drohendem Strafgericht.

Humor ist nicht nur für jede Religion gefährlich, sie ist es auch für bestimmte Systeme und für Autoritäten. Wer darüber Witze macht demonstriert, dass er sich auf Distanz begeben hat und den Anspruch der Autorität relativiert, schreibt der Theologe Andreas G. Weiß in seinem Buch: Ausgelacht (Herder).

Die Weltreligionen haben eine Sonderstellung inne: sie erheben einen Wirklichkeitsanspruch, der über Leben und Tod hinaus geht, der sich nicht auf einen kleinen Teil der Realität reduzieren lässt. Und der sich von allen anderen Religionen unterschiedet. 

Da gibt es nichts zu lachen.

Zudem beanspruchen Religionshüter für sich, lupenreine Wahrheiten von einer göttlichen Instanz erhalten zu haben, und die Würde dieser höchsten Quelle aller Wahrheiten wird mit einem Tabu belegt, das nicht angetastet werden darf. 

Dabei ist heute vielen Menschen der Bezug auf eine heilige Gottheit oder transzendente Ebene längst abhanden gekommen.

Humor erfordert ein entspanntes Verhältnis zu sich selbst, zu den eigenen Fehlern und der eigenen Brüchigkeit. Wer sich in einem perfekten Bild darstellen will, wird selten von humoristischen Anwandlungen gestreift.

Warum machen Menschen Witze über die Katholische Kirche? Über den Zölibat zum Beispiel? Oder über die Unbefleckte Empfängnis? Oder die Dreifaltigkeit? Weil diese Dinge unbegreiflich sind, nicht nachvollziehbar, und dies zu bedenken wäre für die Kirche heilsam – weil es auf eigene Fehler verweisen könnte. Für eine Kirche mit ihrem scheinbar fehlerfreien und viel zu hoch gegriffenen Anspruch an sich selbst, der lange schon durch regelmäßig wiederkehrende Skandale widerlegt ist.

Mit der eigenen Begrenztheit, Endlichkeit und existenziellen Lächerlichkeit umzugehen könnte nur gelingen, indem die Kirche von ihrem taburisierten Selbstbild wegkäme, das nicht angekratzt werden darf. Die Realität sieht anders aus als ein theologisch konstruiertes Idealbild. In der Kirche wimmelt es von fehlerhaften Menschen, die gefährliche, missbräuchliche Strukturen errichtet haben, die eine angeblich göttliche Wahrheit mit der eigenen Position verwechseln.

Franz von Assisi soll ein Befürworter des Lachens gewesen sein, jedoch stand er allein auf weiter Flur. Bis ins späte Mittelalter hinein pflegte die Kirche die Tradition des „Osterlachens“, ausgerechnet am höchsten Fest des Jahres sollte rituell gelacht werden, zum Zeichen der Freude an der Auferstehung Jesu. Man kann sich das gequälte, von oben verordnete Lachen gut vorstellen, mit denen die Gläubigen ihre Frömmigkeit demonstrieren sollten.

In den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts erheiterte die Filmsaga Don Camillo und Peppone die Gemüter von Millionen Menschen. Pfarrer Don Camillo (Fernandel) und der kommunistische Parteiführer Peppone (Gina Cervi) sind in einem italienischen Dorf bei aller Feindschaft auf köstliche Art miteinander verbunden. Der Film basiert auf den Erzählungen des Schriftstellers Giovanni Guareschi, der die Kirche ordentlich aufs Korn nahm, ohne jemals den Respekt zu verlieren.

Wenn viele Theologen der Kirche zu mehr Humor raten, geht es gar nicht darum, den Glauben der Lächerlichkeit preiszugeben, also alles ad absurdum zu führen. Leiden, Straucheln, Scheitern, unschöne Begleiterscheinungen in der Lebensbahn des Menschen, erinnern ihn früh genug daran, dass die Anrufung einer göttlichen Macht durchaus hilf- und trostreich sein kann. Hier greift der bekannte (humorvolle) Spruch: Bei schweren Turbulenzen im Flugzeug gibt es keine Atheisten mehr. 

Bei Humor in der Kirche ginge es endlich um Befreiung und die Überwindung von Angst. Es soll Geistliche geben, die im Privaten vor Witz und Ironie sprühen, spätestes aber auf der Kanzel den salbungsvollen, bierernsten Onkelton herauskehren.

Herauskehren müssen, bedauerlicherweise!

Bei den anderen Weltreligionen sieht es nicht viel besser aus. Der Islam tut sich gemeinhin schwer mit Humor: einzig der Sufismus, ein mystischer Zweig des Islam, kennt ein paar humorvolle Geschichten, „um den Wert des Lachens zur Einsicht in tiefe, spirituelle Wahrheiten zu demonstrieren“. Und in der türkischen-islamischen Tradition verpackt die Figur des Mullahs Nassreddin geistliche Lehren in humorvolle Geschichten, vergleichbar mit den Schwänken eines Till Eulenspiegel. (Thomas Hürter in der ZEIT).

Bleibt noch das Judentum mit seinem legendären Humor: Der berühmte jüdische Witz hat die Zeiten überdauert. Häufig geht es um die Herausforderungen einer streng jüdischen Lebensweise mit ihren vielen Ge- und Verboten, mit viel Selbstironie und dem Sinn für die Absurditäten des Alltags.  

Humor als soziales Schmiermittel und veritables Zeichen hoher Intelligenz: Die Kirche täte gut daran, sich mit ihm zu versöhnen, ja zu verbrüdern. //