Spaßbremsen

von

Ihr Auftauchen macht jeden Anflug von guter Laune zunichte, obwohl sie eigentlich das Gegenteil bezwecken. Eine Typologie.

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2/2024

Der Witzelsüchtige

Unkontrolliertes Blödeln und fortgesetzte Albernheit sind die Symptome der Witzelsucht, ohne dass mildernde Umstände wie zu viel Alkoholkonsum oder Lachgas haftbar gemacht werden könnten. Sie ist ein überwiegend bei Männern anzutreffendes Phänomen, soll aber langsam auch Frauen erfassen und zu einer Art Volkskrankheit aufsteigen. Das Tragische ist, dass es stets dieselben Witze sind, dieselben dämlichen Sprüche und Kalauer, mit denen vor allem die Witzelmänner ihre Mitmenschen drangsalieren. Es ist zu vermuten, dass es gar nicht um die Witze selbst geht, sondern um eine Simulation von Witzigkeit, die natürlich nur ein Ziel kennt: das Auf-sich-aufmerksam-machen. Und dann prustet er los über seine eigenen Witze, die ihm genügen, um sich als Platzhirsch zu fühlen. Für alle anderen ist das dummerweise gar nicht witzig. 

Der U-Bahn-Musikant

Im frühmorgentlichen Pendlermeer springt er plötzlich hinein in die Bahn, schrammelt sein Akkordeon oder bläst ins Saxophon. In deutschen Großstädten gehört er längst zum Alltag, der Überraschungsgast im öffentlichen Nahverkehr. Er ist angetreten, die erst halbwachen Berufspendler mit Jubel, Trubel, Heiterkeit zu beglücken und am Ende dafür ein bisschen was zu kassieren. Leider erreicht er häufig das Gegenteil. Die Fahrgäste reagieren zunehmend genervt, und die Tugendwächter dieser Welt sind auch schon da. So warnt die Website der Münchener Verkehrsbetriebe: „Kein Geld für Bettelmusikanten“, seit in Berlin ein Dachdecker in der Bahn laut ausgerufen hatte: „Macht die Musik aus“ und der Musiker ihm am Bahnsteig mit seiner Trompete zwei Zähne ausgeschlagen hatte. Jubel, Trubel, Heiterkeit rund um die Uhr, dafür ist Berlin bekannt

Der Stammtischler

Noch so ein nerviger Zeitgenosse. Wo er sich hinhockt, wächst kein Gras mehr. Der Stammtischler, der ansonsten humorbefreit durchs Leben trampelt, lässt es in der geselligen Runde krachen. Mit jeder neuen Bierrunde sinkt die Hemmschwelle und die Lautstärke steigt. Über jeden noch so albernen Witz und jede vorüberhuschende Blondine johlt und brüllt er vor Lachen, selbstverständlich im Chor mit der Runde. Dem Stammtisch, früher einmal Pflicht nach dem Kirchgang, geht es jetzt an der Kragen, angeblich ist er zu einem Symbol für alles Schlechte in der Gesellschaft geworden: Für Rassismus, Sexismus, Suff. Diese Zuschreibung geht uns entschieden zu weit, schließlich bringt der Stammtisch Menschen zusammen, und das ist immer eine gute Idee. Nein, so mies wie sein Ruf ist der Stammtisch nicht. Der sogenannte alte, weiße Mann hat ja heutzutage sonst nicht mehr viel zu lachen.

Der Animateur

Er ist überall dort anzutreffen, wo es angeblich besonders schön sein soll auf der Welt. Wo ein paar Palmen sich in den Himmel schrauben und dahinter das Meer glitzert. Wer sich für den Job des Animateurs entscheidet, muss sehr viel Selbstdisziplin und Bodenständigkeit mitbekommen haben. Wie sonst könnte er es schaffen, ständig gute Laune an den Tag zu legen? Unentwegt zu grinsen, auch, wenn ihm zum Heulen zumute ist? In den Urlaubshöllen, in denen es ums Flirten, Feiern und Fröhlich-sein geht, um Spiel und Spaß an Pool und Strand, taucht er plötzlich auf wie Kai aus der Kiste, immer dann, wenn die Feriengäste gerade in der Mittagssonne braten. Er zuckt mit den Schultern, schüttelt seinen Hintern, klatscht in die Hände und animiert zum Mitmachen. Dem Profi-Muntermacher ist beim All-inklusive- oder Cluburlauben kaum auszuweichen. //