Kommt nen Mann zum Arzt… ja, das kennen Sie, aus der rheinischen Karnevalsbütt (meist reicht diese Floskel schon für Stimmung, je nach Alkoholpegel muss man ja auch nicht mehr wissen), vom humortechnisch nicht trittsicheren Erbonkel (gerne vorzugsweise beim Leichenschmaus vorgetragen, hier mit Nachhilfe von „Eierlikörchen“) oder vom örtlichen Stammtisch, wenn das erfreulich gesunkene Niveau der Unterhaltung nach Politik und Fußball einem nun den Wechsel zu den wirklich wichtigen Themen nahelegt.
Kommt nen Mann in die Kirche… kennen Sie nicht? Irritiert Sie? Will der Schreiberling jetzt etwa darüber Witze machen? Wie kann er denn, das macht man doch nicht.
Macht man doch! Kommt nen Mann in die Kirche, setzt sich nichtsahnend, auf eine von feierlichem Ernst getragene Osternacht hoffend, in eine der hinteren Bänke und plötzlich erzählt der zelebrierende Bischof einen Witz. Sei Tradition, sagt der Bischof. Das Ganze heiße „Osterlachen“, sagt der Bischof. Der Bischof heißt Oster.
Ein richtiger Schenkelklopfer, gell? Nein, finden Sie nicht? Ein schlechter Witz? Falsch: gar kein Witz. Eher ein Phänomen. Ein Medienphänomen. Denn die doch eher schlichte (und wahre) Tatsache, dass ein deutscher Bischof (Oster in Passau) in einer Osternacht einen (eher mittelmäßigen und auch nicht taufrischen) Witz erzählt, sich dabei vor Lachen fast wegschmeißt und die gut gefüllte Kirche gleich mit, reichte für eine Flut von Nachrichten bis in die seriösesten Quellen, selbst der überbordender Humoranfälle unverdächtige SPIEGEL berichtete darüber.
Damit nicht genug: das dazugehörige Video gerät zum absoluten Renner, fast zwei Millionen Mal wurde inzwischen bei YouTube darauf zugegriffen. Das Beste aber, ohne Witz, sind die Kommentare darunter: „Den Witz hat mir mein Opa vor rd. 40 Jahren schon erzählt. Aber dieser Vortrag vom Bischof war sensationell, toll und überraschend. Ich bin vollauf begeistert! Weiter so , und die Abtrünnigen werden wieder in die Kirche kommen.“ – „Das ist ja köstlich! Mensch, habe ich gelacht! Ich habe schon Muskelkater vom Lachen. Der Bischof von Passau ist mir sympathisch! Dieses Beispiel zeigt, dass Kirche und Humor sehr wohl zusammenpassen können.“ – „Ich liebe unsere Kirche von Herzen, aber wenn ich sowas sehe und die positiven Reaktionen darauf, dann finde ich auch, dass wir ein paar (gemäßigte) Reformen brauchen, damit auch andere sehen, wie gut und herzlich die Kirche ist.“ Und der absolute Kracher am Schluss: „Ich muss meinen Austritt aus der Kirche unbedingt wieder rückgängig machen.“
Warum hat uns das denn keiner gesagt? Witze erzählen in der Kirche ist das Allheilmittel. Das Osterlachen (risus paschalis), in einigen Regionen – vor allem in Bayern – vom 14. bis 19. Jahrhundert ein fester Bestandteil des christlichen Brauchtums, feiert im wahrsten Sinne des Wortes fröhliche Urständ und bringt uns die Rettung. Keine end- und humorlosen Stuhlkreis-Tage mehr, keine sinn- und freudlosen synodalen Wege, die in heiligem Reformer-Ernst beschritten wurden. Der beklagenswerte, weil todernste Zustand der una Sancta Catholica et Apostolica wird ab jetzt weggelacht! Die geflüchteten Gläubigen werden in Scharen und reumütig wieder zurück in den Schoß ihrer Kirche eilen, das Medienecho wird sich wundersam verbessern, weil alle Redaktionen ohne Unterlass damit beschäftigt sind, die besten „Kirchenwitze“ zu publizieren und zu prämieren. Sogar zu ein paar (aber bitte gemäßigten) Reformen wird es in einziger Eintracht reichen. Eine davon: jeder Diözesanbischof wird verpflichtet, zu jedem hohen Kirchenfest einen Witz parat zu haben. Und so begründen wir im 21. Jahrhundert des Herrn neue Traditionen. Das „risus nativitatis“ (Weihnachtslachen), das „risus pentecoste“ (Pfingstlachen) und das „risus ascensio“ (Himmelfahrtslachen). Nur das „risus paschalis“, das Osterlachen, das bleibt beim Oster! //