Unsichtbare Wirklichkeit

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Sie werden belächelt, als Aberglauben verunglimpft, aber Glücksbringer haben wichtige Funktionen und müssen sein, meint Maria Caspari.

4/2024

Kennen Sie jemanden, der sich hierzulande nicht über einen Glücksbringer freut? Ich nicht. Der Mensch findet ihn auf der Straße, nimmt ihn als Gastgeschenk oder als Ritual entgegen – oder erfreut sich an einem Marienkäfer, der leise und ziemlich putzig auf seiner Haut landet.

Die Flüchtigkeit des Glücks zu überlisten ist die Aufgabe dieser Symbole, Magie soll es richten, ist sie doch seit Menschengedenken ein Mittel gegen die Ohnmacht und bedeutet die Fokussierung des Geistes und der Gefühle auf ein Ziel, dem „himmlische Kräfte“ zu Hilfe eilen. Es muss doch mehr geben als das über die Sinne Erfahrbare, so spukt es nicht zu Unrecht in den Köpfen vieler Menschen hervor.

Aufgeladen mit Bedeutung beschwören Engel, Hufeisen, vierblätterige Kleeblätter, Glückspfennige oder-schweinchen die Gunst des Schicksals. Als personifizierter Glücksbringer darf der Schornsteinfeger sich besonderer Zuwendung erfreuen. Immerhin seit dem 16. Jahrhundert sind die Menschen überzeugt: Eine Begegnung mit dem schwarzen Mann bringt Glück.

Sie alle gehören in der westlichen Kultur zu den kommerzialisierten Riten wie die Bratwurst zur Kirmes. Und haben dennoch spirituelle Macht, sind sie doch tief verwurzelt in den Überlieferungen und Glaubenssystemen der Gesellschaft. Ist nicht auch das Katholische im Kern magisch? Wenn Brot und Wein während der Eucharistie sich in den Leib Christi verwandeln, was ist das anderes? 

Gleich einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung können Glücksbringer Wirkung entfalten, sogar zu Selbstvergewisserung und Durchhaltebereitschaft führen. Schon die Überzeugung, dass schon alles gut gehen wird, kann hilfreich sein. Das Vertrauen in Glücksbringer verweise auf eine „unsichtbare Wirklichkeit“, die den Menschen Rätsel aufgebe, sagt Michael Utsch von der evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen. „Die wesentlichen Fragen des Lebens sind nicht technischer Natur, da helfen weder Tablet noch PC.“

Aber vielleicht das Segnungskreuz, das in bestimmten Gottesdiensten den Gläubigen auf die Stirn gezeichnet wird – es ist seit über Generationen und Jahrhunderte hinweg unter Christen erprobt und soll die Geschicke zum Guten führen.

Vielleicht aber einfach der Glaube daran, dass der Glücksbringer Schutz und gutes Gelingen bringen wird. //