Ewige
Passion

Am 14. Mai 2022 ist es endlich so weit: mit zweijähriger, pandemiebedingter Verspätung feiern die Passionsfestspiele Oberammergau Premiere: theo wagt einen Ausblick.

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2/2022

Alle zehn Jahre, so will es ein uraltes Gelübde, führen die Oberammergauer das „Spiel vom Leiden, Sterben und Auferstehen unseres Herrn Jesus Christus“ auf. Eigentlich wären sie 2020 wieder zur Aufführung gekommen, aber die Corona-Pandemie machte monatelange Vorbereitungen zunichte – in Oberammergau blieb es still.
Im Januar 2020 war unsere Autorin Brigitte Schmitz-Kunkel in den oberbayerischen Ort gereist und hatte über die Ruhe vor dem Sturm berichtet – der dann gar nicht eintrat.
Doch nun sind die Veranstalter sicher: die 42. Passionsfestspiele werden wieder Tausende Zuschauer begeistern – vom 14. Mai bis zum 2. Oktober wird an fünf Tagen in der Woche gespielt – und im Ort der Ausnahmezustand herrschen.
Von den 5.400 einheimischen Oberammergauern (nur die hier Geborenen oder seit zwanzig Jahren Ansässigen dürfen mitwirken) spielen sage und schreibe 2.400 Männer, Frauen und Kinder in 103 Vorstellungen die letzten sechs Tage im Leben Jesu nach, alle 21 Hauptrollen sind dabei doppelt besetzt. Jeweils 4.500 Zuschauer werden täglich außer montags und mittwochs die fünfstündige Aufführung bestaunen. In der dreistündigen Pause zwischen dem ersten und dem zweiten Teil gilt es für die Gastronomie, zügig die Besuchermassen zu versorgen.
Trotz der Berühmtheit des oberbayerischen Dorfes lastet ihm ein verstaubtes Image an.
Ein Wunder sei das nicht, erzählte Christian Stückl vor zwei Jahren im Interview, der zum vierten Mal die Passion leitet. Seitdem Thomas Cook um die Jahrhundertwende den frühen Pauschaltourismus zu den Spielen lenkte, setzte man stark auf die Gäste aus den USA. Denen gefiel der heimelige Bayernkitsch des Ortes und das kreuzkonservative Bühnengeschehen.
„Es war klar, so kann es nicht weitergehen“, sagte Stückl. „Wir arbeiten an der Imagepflege, ich bin dauernd unterwegs und halte Vorträge darüber, was wir alles verändern.“
Stückl ist Oberammergauer, die Passion seine Passion. Mit 15 wußte der gelernte Holzbildhauer, dass er Theater machen möchte, mit 27 Jahren wurde er 1987 jüngster Festspielleiter.
Die Passion „2022“ wird sich nicht allein auf die Leidensgeschichte konzentrieren: „Mich interessiert diesmal der soziale Jesus viel mehr, der Mensch mit dem Blick für den anderen in der Not und am Rand der Gesellschaft“, so Stückl damals.
Im Matthäus- und Markusevangelium fand er die Stellen, in denen man versteht, mit wem Jesus (diesmal dargestellt von Frederik Mayet und Rochus Rückel) sich anlegt und warum er dafür sein Leben gibt: „Da steht, ihr ladet die Fremden nicht an euren Tisch, ihr fresst die Häuser der Witwen und Waisen, wer denkt da nicht an die Flüchtlinge und an Altersarmut“, so Stückl.
Politisch aktueller geht es kaum.
Die Oberammergauer Passion soll „packen“. „Auch, wenn man meint, nicht (mehr) zu glauben“, wußte Christian Rückl. „Der Weg Jesu, sein Leben und Sterben, die wie auch immer zu erklärende Auferstehung rühren tief an. „Die Botschaft dieses Wegs wollen wir an die Gesellschaft vermitteln, die immer weniger davon weiß“, erklärte der Macher. //

www.passionsspiele-oberammergau.de