Foto: Alvan Nee/Unsplash

Hätte ich ein Tier, wäre es eine Katze. Die liebt ihr Zuhause. Kuschelt sich in das Sofakissen. Streunt herum. Isst und trinkt. Und jagt Mäuse. Ich liebe meine Wohnung. Arbeite gerne vom Küchentisch und quatsche dann und wann mit Kunden Online. Immer schön auf Distanz. Und wenn es mal ganz langweilig wird, rufe ich ins Mikrofon: „Hört ihr mich auch so schlecht? Muss mich mal ausklinken. Die Leitungen. Ihr wisst schon.“
Und weg bin ich.
Dann surfe ich im Netz. Höre Podcasts auf den diversen Plattformen und lasse mich berieseln. Ich gebe zu: Gerne bleibe ich auch auf Newsportalen hängen. Lese dort die Nachrichten. Klima, Zinsen, Krieg und Nahrung. Und habe Bauchschmerzen. Immer öfter.
In sich gehen war lange Zeit mein Motto. Sich selbst entdecken. Gott, wenn es ihn überhaupt gibt, nahekommen. Ohne die anderen und ihr nerviges Geschrei, Gemecker und Gelaber.
Aber ich merke: Die Nachrichten dringen doch durch. Wie kleine Geister. Und die Ängste der anderen sind oft auch meine eigenen Ängste. Potenziert. Sie fallen auf einen fruchtbaren Resonanzboden.
Dann schleiche ich umher in meiner Wohnung, sehe die Sonne durch die Scheiben glitzern und denke: Putzen müssteste auch mal wieder.
Und lege mich dann mit schlechter Laune wieder hin.
Wie die Katze.
Zum Glück rief mich vor einigen Wochen eine Freundin an. Ob wir nicht mal durch den Park gehen wollten. Mit ihrem Hund. Der müsse nun mal raus.
Da habe ich den Rechner ausgemacht und bin mitgegangen. Mit Frauchen und Hundchen. Und ohne Technikgedöns. War lange her, dass ich das tat. Einfach nur so. Mit mir und anderen. Und einem Tier.
Zuletzt während einer Exerzitienreise durch die Straßen Berlins. Das Angebot eines bereits verstorbenen Jesuiten – Gott hab‘ ihn selig. Morgens um Acht in der Gruppe treffen, Mose im Dornbusch anhören und dann losgehen. Mit sich in die Welt. Und schauen, was passiert. Wo es passiert. In der Begegnung mit dem Anderen.
Das Du kann nerven. Das Ich aber auch. Das habe ich in und mit Corona gelernt. Spiegelblick: Immer noch der Alte. Derselbe. Nur grauer und noch ängstlicher. Allein zuhaus.Zum Glück kann man gehen. Auch wenn man sich dabei mitnimmt. Aber ich kann den Rechner ausmachen. Den Blick von mir auf die Welt wenden – ja, auch wenn sie nur meine Illusionsvorstellung sein soll – und das Leben neu entdecken.
Als ich mit meiner Freundin durch den Park schlenderte und der Hund mit dem Schwanz wedelte, da kam die Ahnung von Freiheit zurück. Kein Gefühl von Weglaufen oder Verdrängen oder Liegenlassen. Sondern von Aufbruch. Begegnung und Perspektivwechsel.
Der Hund, der schien zu wissen, was ihm seine tägliche Pinkelrunde ins Grün zu bringen schien: Erleichterung und spielhafte Begegnung. Ohne Angst. Und am Ende wartete sogar eine Wurst.Für ihn. Und für mich – in Curry getunkt. Und Frauchen freute sich über den Kaffee.
Manchmal lohnt es sich eben doch, auf seine tierische Seite zu hören und ins Leben zurückzufinden. Ganz ohne Technik und alle menschengemachten Gruselgeschichten.
Einfach leben. Einfach machen. Einfach auf den Hund gekommen. //

 

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