Corona
Ein Wort, das seine Unschuld verlor

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Corona war einmal ein Begriff, vor dem man keine Angst haben musste – im Gegenteil. Er stand unter anderem für ein Kultbier, für einen Sonnenkranz, ein Königreich und eine Heilige. Corona war in der griechischen und römischen Antike ein Kranz aus Blumen, Blättern und Zweigen, der als Auszeichnung verliehen und zu kultischen Zwecken getragen wurde. Mediziner haben dem neuartigen Coronavirus den Namen gegeben, weil der Erreger, unter dem Mikroskop betrachtet, eine auffällige Bekränzung aufweist. In heutigen Zeiten übersetzt der Duden „Korona“ mit einer „Gruppe, Ansammlung (jüngerer) Menschen, die gemeinsam etwas unternehmen.“

2/2020

Corona – die Heilige

Ob die heilige Corona aus Damaskus, Alexandria oder Sizilien stammte, ist nicht klar. Auch nicht, unter welchem Kaiser sie ihr Martyrium erlitt. Einig sind die Legenden sich darüber, dass ihr als Attribut nicht, wie vielen Märtyrern, ein einfacher Palmzweig, sondern zwei ganze Palmen zugeordnet sind. Corona starb auf grausige Weise für ihren Glauben: Sie wurde, erst sechzehnjährig, zwischen zwei gebeugte Palmen gespannt, die sie beim Emporschnellen zerrissen. Die Kathedrale des italienischen Osimo beherbergt ihr Grab,  einen Schrein gibt es im Aachener Dom, wohin Kaiser Otto III. im Jahr 997 Corona-Reliquien brachte. Obwohl es heißt, sie werde bei Seuchen angerufen, ist dies nur aus dem niederösterreichischen Corona am Wechsel belegt. Als Patronin ist St. Corona zuständig für Metzger, Geld und Schatzgräber. 

Corona – das Bier

Corona ist ein mexikanisches Bier, das in 180 Ländern der Welt getrunken wird, beworben als „Sonne“ aus der Flasche. Das Etikett ziert als Symbol für das spanische Königshaus, eine Krone, flankiert von einem Greif. Seit der Ausbreitung des Virus seien die Umsätze rückläufig, meldet die Corona-Brauerei AB Inbev. Nicht nur, weil die Chinesen nicht mehr in Bars gehen und in Amerika offenbar viele denken, das Corona-Bier sei infiziert. In den sozialen Medien kursieren viele Späße auf Kosten des Getränks. Etwa das oft geklickte Video eines Influencers, dessen Freundin mit Mundschutz und Handschuhen etliche Flaschen im Ausguss entsorgt. Andere feiern Corona-Party mit dem Bier.

Corona – das Königreich

Jahrelang eingesperrt in einen Turm, wischt, wäscht und putzt Rapunzel in dem Film Rapunzel – neu verföhnt. Sie malt, musiziert, kocht, strickt. Sie hält durch. Kontakt hat Rapunzel nur zur Hexe Gothel, die sie unter dem Vorwand im Turm festhält, Rapunzel vor der Außenwelt zu schützen. Die Außenwelt ist das Königreich Corona, eine üppige, grüne Märchenwelt, gestaltet im Stil eines bekannten Rokoko-Gemäldes, der „Schaukel“ von Jean-Honoré Fragonard. Als Rapunzel ihrer Isolation entkommt, entdeckt sie, dass sie die verlorene Prinzessin Coronas ist und findet die Liebe ihres Lebens.

Corona – das Auto

Es ist nicht rassistisch, wenn man feststellt, dass Corona eine asiatische Erfindung ist, die sozusagen um die Welt ging. Es ist vielmehr automobilhistorisch darauf hinzuweisen, dass der Toyota „Corona“ 1957 erstmals auf den japanischen Markt kam, sich bald zum Welterfolgt entwickelte und noch bis 1996 gebaut wurde. Corona, die Mittelklasse-Limousine, der Toyota viel zu verdanken hat, gab es bis zuletzt auch als Kombi, Pick-up und Coupé. Der Name war eine Marketingerfindung wie Capri und Taunus. Solche Namen sollen meist nach einem Leben auf der Überholspur klingen. Nach Abenteuer und Exzess. Soweit die Theorie.

Corona – die Ortschaft

City of Corona in Kalifornien war einmal berühmt als „Zitronenhauptstadt der Welt.“ Doch Ende des 19. Jahrhunderts kam der Karriereknick: Gleich mehrere Städte auf Sizilien waren im Zitronenanbau weiter vorn als die 150.000 Seelen-Stadt südlich von Los Angeles. Dafür ist Corona heute bekannt für die Herstellung der berühmten Fender-Gitarren. Sonst hat die Stadt wenig Aufregendes zu bieten: Sie ist Sitz der „World Mosquito Control Association“, eine Organisation, die Mücken weltweit ausrotten will. Noch ist nicht belegt, dass auch Mücken Covid-19 übertragen.