von Maria Caspari
Das Paradies in der Kunstgeschichte ist vor allem ein Paradies der Tiere. In Roelant Saverys (1576-1639) berühmtem Werk Vor der Sintflut wimmelt es von Tieren, genau so wie in Jan Brueghels (1568-1625) Irdischem Paradies. Aus der damaligen Sicht war ein gleichberechtigtes Miteinander von Mensch und Tier eine Selbstverständlichkeit. Bis die Weltgeschichte an jenem Punkt anlangte, an dem der Mensch sich dem Tier haushoch überlegen fühlte und es gewissermaßen zum Abschuss freigab.
Ohne Tier aber kein Paradies auf Erden, könnte man meinen. Weswegen das zeitgenössische Künstlerduo Krööt Juurak und Alex Bailey Kunst explizit nur für Haustiere macht. Dafür besucht es sie in ihrem Zuhause und improvisiert aus verschiedenen Choreographien.
Haustiere sind gefragt wie nie, auch außerhalb der Kunst. Mehr als die Hälfte der Einwohner hierzulande hält einen solchen Weggefährten, überwiegend Hunde und Katzen. Im Zuge der Pandemie stieg im Jahr 2020 die Zahl der tierischen Mitbewohner um 1 Million auf 35 Millionen, wie Statistiken erzählen – mit steigender Tendenz.
„Am liebsten teilt das Säugetier Mensch sein Leben mit anderen Säugetieren, vor allem, wenn sie die Attribute der Liebenswürdigkeit auf sich vereinen: Wenn sie harmlos, zutraulich, niedlich und anhänglich sind,“ meint der Autor Gerhard Staguhn. Eine Vorliebe, die nicht zuletzt auch das Überleben des menschlichen Nachwuchses sichere. Tierliebe sei heimliche Selbstliebe, vermutet Staguhn.
Ein allerdings kulturbedingtes Phänomen: In traditionell islamischen Ländern gelten zumindest Hunde als unrein, niemand käme dort auf die Idee, sie als Haustier halten.
Dass Haustiere der Seele und der Gesundheit gut tun, sei „vielfach wissenschaftlich belegt,“ sagt Andrea von Beetz, Professorin für Heilpädagogik an der Fachhochschule IU. Beim Streicheln etwa werde das Glückshormon Oxytocin ausgeschüttet. Und gerade im Zusammenleben mit einsamen, älteren Menschen übernähmen die Tiere die Rolle eines Familienmitglieds. Die mit der Tierhaltung verbunden Pflichten seien hilfreich bei der Strukturierung des Alltags.
Wer hat nicht schon einmal gespürt, wie ein schlafender Hund im Raum diese wohltuende, beinahe meditative Ruhe verströmt? Eine schlafende Katze schafft das auch.
In der Gunst der Menschen liegen Samtpfoten heutzutage weit vorn (die Gunst der Autorin ausgenommen). Hunde hecheln auf dem zweiten Platz deutlich hinterher. Vermutlich, weil sie mehr Arbeit und Umstände bedeuten und nicht gern allein sind. Hundebesitzer stehen häufig vor dem Problem: kann ich meinen Liebling mit zum Arbeitsplatz nehmen? Hinzu kommt, dass etliche Hunderassen aufgrund ihrer Größe in engen Etagenwohnungen nichts verloren haben. In der Mythologie der Antike und auch des Mittelalters war der Hund männlich konnotiert, die Katze weiblich. Weswegen man zumindest im Mittelalter mit Katzen, ähnlich wie mit Hexen, kurzen Prozess machte. Vor noch gar nicht langer Zeit schnürten Bauern einen Katzenwurf gern in einen Sack und ertränkten ihn – um die Population niedrig zu halten.Diese Zeiten sind gottlob vorbei.
Wem unbedingte Treue und Folgsamkeit seines Kuscheltiers wichtig sind, wird sich immer für einen Hund entscheiden, er soll ja viele tausend Jahre früher vom Menschen domestiziert worden sein als die Katze, die noch immer ihre Unabhängigkeit verteidigt.
In der emotionalen Hinwendung vom Menschen zum vierbeinigen Mitbewohner sieht der Historiker Clemens Wischermann eine Art Kindheitsersatz: „Sie entspringt dem Wunsch, diesem Lebewesen eine Kindheit zu ermöglichen, wie sie sich jeder Mensch für sich selbst wünscht.“
Emotional labile Menschen vor allem sollen von speziell haustiertypischen Fähigkeiten profitieren: „Tiere können uns eine Zartheit lehren in ihrer Art, sich mitzuteilen,“ sagt der Tierschützer und Hundeliebhaber Marco Lenzen. Und weiter: „Die Organe der Haustiere sind exakt wie die Unserigen, wie auch ihre Krankheiten. Das einzige, was uns vom Tier wirklich unterschiedet ist die Fähigkeit zur Reflexion, zur Spiritualität und Gottsuche.“ //