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Umfrage Was hält Sie noch in der Kirche
Feminismus Die Theorie der Julia Kristeva
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Gesellschaft Blondinen sterben aus
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Innovation Muss das Christentum verändert werden
Prävention Katja Birkner übernimmt ein schwieriges Amt
Nichtbinär Marieke Lucas Rijneveld schreibt
Preisrätsel Wo liegt der Pilgerweg?
Sachbuch Pauline Harmange hasst Männer
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Kulturgeschichte Das Heilige und das Nackte
Fotografie Katharina Gebauer plant ein Klosterbuch
Literatur Die Sprachwucht der Tove Ditlevsen
Interview Brigitte Schmitz-Kunkel trifft Bettina Flitner
Kultur Bücher / Kunst / Filme
Liebe Leserinnen und Leser,
„Heilig“, ein Begriff, der sich ins Säkulare zu verflüssigen scheint. Kunst, Tai Chi, Diego Maradona: der Heiligenschein baut sich über allem und jedem auf. Heilig ist ein beliebtes Wort, das unserem profanen Alltag Zauber, Tiefe und Rätselhaftigkeit verleiht. Nur in der Kirche folgt das Heilige einer nennenswerten Dramatik: Heilige Schrift, Heiliger Geist, Heiliger Vater, die Sakramente und die ungezählten Heiligen, die einmal als Menschen Gottes Erde bevölkerte, gehören in diese Kategorie. Heilig ist das eigentlich Unbenennbare, das Tabu. Inhalte und Bewohner des Heiligen sind dem Zugriff des Menschen entzogen und geschützt durch kategorische Ge- und Verbote – nicht nur im Christentum.
Weil sich heute alles „spirituell“ aufladen und damit sakralisieren lässt, kann die Frage nur lauten: zeigt sich im sogenannten Heiligen ein universeller Geist oder zeigt er sich nicht?
Es geht dabei um mehr als ein subjektives Empfinden: Vielmehr geht es darum, ob eine Gesellschaft ohne die Kategorie des Heiligen überhaupt eine Ethik zementieren kann, die das heutige Leben mit all seinen Extremen zu bändigen weiß. Die Rede vom Heiligen ist also gerade nicht ein verstaubtes, rückwärtsgewandtes Streben von traditionellen Frömmlern, sondern benennt eine Sehnsucht, die vielen Menschen innewohnt.
Das Heilige ist ein Wert, der rational nicht erklärt werden kann, aber womöglich versteht ihn die Seele. Dann nämlich, wenn sie es spürt: das Erschauern vor der Heiligkeit eines Augenblicks.
Eigentlich würde jetzt die närrische Zeit Menschen zum organisierten Frohsinn verleiten. Eigentlich! Aber auch im Jahr 2021 ist alles anders. Wir werden sehen, wie lange noch.
Bleiben Sie heiter – auch in diesen schwierigen Zeiten, und genießen Sie die Lektüre einer diesmal sehr heiligen Ausgabe.
Ihre Brigitte Haertel